Richtig Scheitern
Richtig Scheitern
Wer an scheitern denkt, der wird vermutlich an Verluste, an Nachteile, an Fehler, an Unglück oder an Unfähigkeit denken. Scheitern ist negativ konnotiert und wird nach Möglichkeit vermieden. Im gesamten Bildungs- und Lebensweg ist Erfolg das Maß der Dinge. Wer scheitert, steht auf der anderen Seite des Flusses und muss zusehen, wie er wieder hinüber kommt.
Haben Sie schon einmal ein Erlebnis gehabt, nach dem Sie zu sich selbst gesagt haben: „Das mache ich niemals wieder!“, oder „Wie konnte ich nur annehmen, dass ich damit durch komme?!“? Vermutlich jeder von uns. Das waren wohl alles Erlebnisse, in denen wir gescheitert sind. Wichtig ist dabei aber nicht das Scheitern an sich, sondern die Frage, was haben wir daraus gelernt?
Scheitern bieten die Möglichkeit aus Fehlern und Irrtümern zu lernen, das Verhalten anzupassen und es bei einem neuen Versuch besser zu machen, sprich Erfolg zu haben.
Das Problem ist dabei nicht das Scheitern an sich, sondern die Angst vor dem Scheitern und eine fehlende Frustrationstoleranz. Wie würde Ihr Leben jetzt aussehen, wenn Sie als Kleinkind beim fünften Aufstehversuch einfach aufgehört hätten zu versuchen zu Stehen und zu Gehen?
Warum nicht alle Menschen gleich erfolgreich sind, gleich Ehrgeizig oder gleich wohlhabend, liegt auch daran, Risiken einzugehen, das Scheitern einzukalkulieren und sich den Aufgaben trotz dessen zu stellen.
Zu scheitern liegt uns im Blut und es dann unbedingt schaffen zu wollen, ist der Antrieb. Das Hauptproblem ist dabei wie schon geschrieben die Angst vor dem Scheitern und zu versagen. Anschließend müssen Gründe und Rechtfertigungen gesucht werden.
Als Ökonomen unserer Energie sind wir darum bemüht diese so wenig wie möglich zu Verschwenden. Sich mit den Gründen des Scheiterns zu beschäftigen, Lösungen zu suchen oder Schlüsse zu ziehen ist unglaublich anstrengend, ermüdend und fordert enorme Energiereserven.
Die Amerikaner machen den richtigen Umgang mit dem Scheitern vor. Im Bundesstaat Kalifornien gibt es regelmäßige Kongresse von Gescheiterten für Gescheiterte oder auch noch nicht Gescheiterte. Damit Unternehmen wie Apple, Google oder Facebook entstehen konnten, müssen viele andere Versuche gestartet worden sein. Viele davon sind gescheitert. Diese Menschen treffen sich, sprechen über ihre Erfahrungen und suchen gemeinsam nach Gründen für das Scheitern ihrer Ideen, damit andere, diese Fehler nicht noch einmal machen.
Wie sollte also mit Scheitern umgegangen werden?
Es gehört zum Leben dazu. Aber nur, wer keine Schlüsse aus seinem Scheitern zieht, scheitert wirklich. Vielmehr sollte als Möglichkeit zur Verbesserung gesehen werden.
Wichtig ist es, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Dazu bedarf es Ehrlichkeit zu sich selbst, Offenheit gegenüber den Umständen und Mut sich diesen Gedanken zu stellen. Am besten eine Reflexion mit Abstand. Nach Scheitern kommt Wut, Trauer oder auch Verzweiflung. Erst nach einigen Wochen oder Monaten können die Ereignisse klar und neutraler Betrachtet werden. Nehmen Sie sich also Zeit.
Bei der Aufarbeitung können verschiedene Fragen helfen:
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Warum bin ich gescheitert?
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Was hätte ich vermeiden können?
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Was hätte ich nicht vermeiden können? (War es einfach nur „Pech“ oder schlechtes Timing am Markt?
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Was habe ich richtig gemacht?
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Was muss ich verbessern? Welches Wissen muss ich mir aneignen?
Zu Scheitern ist wohl eines der schlimmsten Dinge im Leben. Niemals zu Scheitern kann aber um einiges Schlimmer sein. Muss sich am Ende des Lebens dann nämlich nicht die Frage gestellt werden, ob man, ohne jemals ein Risiko eingegangen zu sein, nicht generell im Leben gescheitert ist?